Diese Anzeige gab der Ortsverband am 21.09.2021 auf eigene Kosten in den Druck.

Unsere Petition hat sich gelohnt

Firma Hensoldt kauft großes Stück des YG-1 Areals in Oberkochen

Unser Bürgermeister ist immer wieder für eine Überraschung gut. Wieder einmal wurde ein Vertrag über den Verkauf einer Gewerbefläche von ihm unterschrieben — ohne vorherige Zustimmung durch den Gemeinderat. Die Ironie an der Sache ist aber, dass es wieder das gleiche Grundstück ist wie 2017.

So erfreulich es ist zu erfahren, dass der Protest vieler Bürger*innen der Bürgerinitiative in Oberkochen Bewegung in das Thema „Gewerbegebiet Süd III“ gebracht hat und der Eingriff in die Natur sich nach dieser Ankündigung zumindest verringern dürfte, so befremdlich sind die Erkenntnisse, die sich aus diesem Vorgehen ergeben. Gegen den großen Widerstand der ortsansässigen Betriebe und zahlreicher Bürgerinnen und Bürger wurde 2017 der Verkauf der letzten gewerblichen Vorratsfläche mit dem Argument von 1.000 Arbeitsplätzen durchgesetzt. Wohlgemerkt kamen diese Aussagen immer von Seiten des Herrn Bürgermeisters Traub.

Man konnte zeitweise den Eindruck gewinnen, Traub habe hier die Funktion eines Pressesprechers übernommen. Die Tatsache, dass es sich bei der Schaffung von Arbeitsplätzen immer um eine unternehmerische Entscheidung handelt, spielte in der öffentlichen Darstellung keine Rolle. Gegner dieses Verkaufes wurden öffentlich diskreditiert. Das Positionspapier der Unternehmen, welches die in Teilen fachliche Unkenntnis in den Antworten des Bürgermeisters klar dokumentierte (siehe hierzu das Beispiel Clusterbildung oder Art der Gewerbezusammensetzung), wurde als diffamierend gegenüber YG-1 bezeichnet. Der Verkauf des Grundstückes sollte nach Aussage des Bürgermeisters in zwei Abschnitten erfolgen. 1,5 Hektar im ersten Teil, 1,7 Hektar im zweiten Teil, bis spätestens 2020.

Jeder im Ort konnte seither selbst feststellen, dass von den versprochenen tausend Arbeitsplätzen wenig zu sehen ist. Die geschürten Hoffnungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf einen weiteren großen Arbeitgeber in Oberkochen haben sich mit dem geplanten Verkauf endgültig zerschlagen.

In der Gemeinderatssitzung vom 28.06.2021 erklärte der Bürgermeister auf die Frage einer Bürgerin, ob denn das brachliegende Grundstück von YG-1 nicht eine Option für Hensoldt wäre, dass es immer noch eine notarielle Kaufoption für YG-1 gebe. Gute sechs Wochen später ist das Grundstück so gut wie verkauft. Sicher werden wir auch noch eine Erklärung bekommen, warum es nun anscheinend wohl doch nichts wird, mit den versprochenen 1.000 Arbeitsplätzen. Die Coronapandemie bietet da sicher Möglichkeiten (Ironie off).

In der gleichen Gemeinderatssitzung beschloss der Gemeinderat die Freigabe von Mitteln in Höhe von 466.304,22 € zur weiteren Erschließung des geplanten Gewerbegebietes Süd III. Der Bürgermeister erklärte hierzu, dass diese Maßnahmen notwendig wären zur Einleitung des notwendigen Zielabweichungsverfahrens. Diese Aussage wird vom Regierungspräsidium ausdrücklich als unwahr bezeichnet.

Leider wurde es auch von Seiten der zustimmenden Gemeinderatsfraktionen versäumt, diesen Sachverhalt gewissenhaft zu prüfen. Wenig ernst nehmen kann man auch die Beteuerungen von Herrn Bürgermeister Traub, wie wichtig ihm das Anliegen Arten- und Naturschutz beim erzielten Ergebnis sei. Wenn nur gezwungenermaßen — nach Protest der Bürgerinnen und Bürger, und nach deutlichen Signalen von Regionalverband und Regierungspräsidium — ein Umdenken stattfindet, entsteht hier doch eher der Eindruck, dass man jetzt mit diesem Thema Pluspunkte sammeln will.

Für die Planung von Süd III wurde ein Flickenteppich von sogenannten Ausgleichsmaßnahmen zusammengestückelt, um die benötigten Ökopunkte zu errechnen. Untermalt mit der steilen, bisher nicht belegbaren Behauptung, dass Oberkochen nach Bau des neuen Gewerbegebietes ökologischer seie als zuvor. Gemeinderäten, die möglicherweise völlige Laien auf dem Gebiet des Naturschutzes sind, und vielleicht bisher noch nicht einmal wussten, dass im Totholz Käfer leben, kann man kaum einen Vorwurf machen, dass sie es nicht besser wissen.

Es wird spannend sein, zu erfahren, wie das weitere Vorgehen geplant ist. Erst dann wird erkennbar sein, ob der Schutz von unbebauten, ökologisch wertvollen Flächen, ernsthaft und im Interesse aller, Gehör findet.

Karin Kratzer-Wirth, Oberkochen

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